Bericht Nr. 032 (15.06.2013): Freud und Leid

Nachdem die ersten Monate in 2013 mit tollen Reisen und Ausfluegen sehr schoen begannen, hat uns der April leider mit einer sehr schweren Erkrankung meines Vaters "kalt erwischt". Aus ueber 8.000km Entfernung kann man da leider wenig bis gar nichts tun (einer der Nachteile, wenn man als Expat weit entfernt von zu Hause wohnt), sodass Iris Mitte April nach Hause fliegen musste, um sich um die Versorgung meiner Eltern zu kuemmern.

So alleine macht das in "Bad Schoenyang" ueberhaupt keinen Spass. Es ist niemand da, mit dem man fruehstueckt, niemand der einen abends begruesst. Aber Kathrin war hier! Sie wollte uns ohnehin am ersten Wochenende im Mai besuchen. Gluecklicherweise hatte sie dann aber auch noch ein paar Tage in Shenyang zu tun, sodass sie vom 3. - 8. Mai bei mir war. Ich habe mich riesig gefreut.

Dieser Winter war wirklich lang und kalt - und es hat sehr viel oefter geschneit als in den letzten Jahren. Aber Anfang Mai wurde es dann schlagartig gruen und alles bluehte - endlich! Schade dass Iris das nicht sehen konnte, aber dafuer hatte sie ja den Fruehling in Neufahrn. Wie in Shenyang ueblich, wird der Fruehling mit starkem Wind begleitet, der den Staub und Sand durch die Gegend treibt. Ist lustig anzuschauen, wenn der Sand ueber die Strassen geweht wird und ein einsames Strassenkehrerlein auf der achtspurigen Strasse versucht, dem Sand Herr zu werden. Also nix wie rauf aufs Radl und am Hun He River entlang fahren. Ich habe ganz schoen gestaunt, als ich feststellte, dass auf beiden Seiten des Flusses die Gruenanlagen und Wege neu angelegt waren. Und Wege anlegen heisst hier nicht einfach nur teeren oder aufkiesen - nein, hier hat man genug Menschen, um die Wege kilometerweit zu pflastern.

  

Shenyang macht sich fein fuer die "12th national games of the People's Republic of China". Hier finden die Chinaspiele im September statt, also quasi die chinesische Olympiade. Die Stadt ist ja ohnehin eine einzige Dauerbaustelle, durch die Spiele wird nun aber alles neu gemacht. Fuer die Spiele wird quasi ein voellig neuer Stadteil in der Naehe des Flughafens aus dem Boden gestampft.

Natuerlich werden auch die groesseren Strassen neu gemacht, sodass die Staus am Morgen und Abend noch laenger werden. Aber wenn die alles verrotten lassen, dann gefaellt mir das auch nicht, also hoere ich jetzt auf zu jammern.

Ende Mai bin ich dann fuer zwei Wochen nach Deutschland geflogen. Eine Woche Urlaub, eine Woche Dienstreise. Was fuer ein Kontrast - beim Abflug aus Shenyang war es bruetend heiss und bei der Ankunft in Muenchen hatte es sagenhafte 4 Grad. Und ich dachte, Iris haette den Fruehling zumindest in Muenchen geniessen koennen - war wohl nix. Na und ueber den staendigen Dauerregen und die Ueberschwemmungskatastrophe in Deutschland muss ich Euch ja nichts erzaehlen.

Shaolin-Kloster (10. - 12.6.2013)

Kaum zurueck aus Deutschland, flog ich am naechsten Tag schon nach Beijing und von dort zusammen mit Kathrin ins 1500km entfernte Luoyang. Wir wollten die freien Tage rund um das Dragon Boat Festival nutzen, um das weltberuehmte Shaolin Kloster mit den Kampfmoenchen zu besuchen. Selbstverstaendlich haben wir aber nicht nur das Shaolin Kloster und die KungFu Vorfuehrung der Shaolin Moenche besichtigt.

Gleich nach der Ankunft in Luoyang fuhren wir in das "Kloster des weissen Pferdes", das angeblich aelteste buddhistische Kloster Chinas und damit die Wiege des Buddhismus. Merkwuerdig ist nur, dass wir bei unserer Reise nach Tibet 2011 in Xining auch ein Kloster gleichen Namens besichtigten, das ebenfalls das aelteste Chinas sein soll. Na ja, auf jeden Fall alt! Auch den kleinen Teil der erhaltenen Altstadt mit den beiden Stadttoren haben wir gleich noch am ersten Tag besichtigt.

Der zweite Tag brache uns schliesslich ins Shaolin Kloster und den Pagodenwald mit den Moenchsgraebern. Das Shaolin Kloster liegt etwa 1 1/2 Autostunden suedlich von Luoyang im Shaoshan Gebirge. Trotzdem ich ja eigentlich schon eine Tempelalergie habe, muss ich zugeben, dass mir das Shaolin Kloster mit seinen schoenen alten (und zum Teil nachgebauten) Gebaeuden in dieser wunderschoenen Berglandschaft zwischen all den uralten Baeumen ausserordentlich gut gefallen hat. Rund um das Kloster haben sich viele KungFu Schulen angesiedelt. Insgesamt gibt es dort etwa 1 Million KungFu Schueler, davon alleine in der groessten ca. 30.000. Und so wurde die KungFu Vorfuehrung auch nicht von den Shaolin Moenchen gemacht, sondern von Schuelern dieser Schule.
Das Shaolin Kloster, das erst kuerzlich sein 1500-jaehriges Bestehen feierte, gilt als das Zentrum des Zen Budhismus und des asiatischen Kampfsports.

Das Kloster liegt am Berg Songshan im Ort Dengfeng in der Provinz Henan im Herzen Chinas. Der Legende nach lehrte der indische Mönch Bodhidharma, Begründer des Zen-Buddhismus, der um das Jahr 527 in das Shaolin-Kloster kam, die Grundlagen der Shaolin-Kampfkunst, die dann im Kloster weiterentwickelt wurden. Während der Tang-Dynastie (um 600 n.Chr.) erlangten die Shaolin-Mönche im chinesischen Reich großes Ansehen. Historisch belegt ist, dass im Jahre 728 das Shaolin-Kloster 13 kämpfende Mönche entsandte, um die bedrängte Dynastie zu unterstützen. Von 1368 bis 1644 erlebte das Shaolin-Kloster und seine Kampfkunst, das von der regierenden Ming-Dynastie gefördert wurde, einen enormen Aufschwung. Die Armee des Klosters war etwa 2.500 Mann stark, und die Kampfkünste des Klosters wurden in unzähligen Varianten und Techniken ausgeübt.

Der Tempel wurde im Verlauf seiner Existenz etliche Male zerstört, geplündert und wieder aufgebaut. Am bekanntesten ist die angebliche Zerstörung des Tempels in der Qing-Dynastie durch Kaiser Kangxi (1654–1722). Er soll aus Angst vor der Kampfkraft der Mönche den Tempel zerstört und viele Mönche ermorden lassen haben. Die letzte Zerstörung des Klosters erfolgte im Jahre 1928, als verschiedene Kriegsfürsten ihre Streitigkeiten auf dem Gebiet des Tempels ausfochten. Dabei ging ein großer Teil der religiösen Kunstschätze und Schriften des Tempels verloren, und der Tempel wurde nur in kleinen Teilen wieder aufgebaut.

Vor dem Rueckflug am dritten Tag besichtigten wir schliesslich noch die Tausend-Buddha-Grotten von Longmen. Dreizehn Kilometer südlich der Stadt Luoyang bahnt sich der Fluss Yishui seinen Weg durch die Östlichen und Westlichen Berge gen Norden. Diese Berge formen eine natürliche Barriere, die wie ein Drachen aussieht, woraus der Name Longmen (Drachentor) resultiert. Und an genau dieser Stelle befinden sich die Longmen-Grotten. Auf dem insgesamt 1.000 m langen Klippenstück entlang des Ufers befinden sich 2.345 Grotten auf den Felsen und in den Grotten mehr als 70 Pagoden verschiedenster Größe und mehr als 2.800 Gedenksteine mit Inschriften, deren Bau im 4. Jahrhundert begann.

Keine Frage, natuerlich sind in der Mediathek wieder Fotos von diesem Erlebnis zu finden.