Bericht Nr. 019 (23.9.11): Herbst in China

Pünktlich zum Septemberanfang wurde es Herbst in Shenyang. Nicht dass es jetzt kalt und feucht wäre, aber es hat sich etwas verändert. Von einem Tag zum anderen wurde der Himmel blauer, die Nächte kühler, wir hatten wieder Wind die Temperatur war tagsüber nur mehr 25°C - 27°C und es war nicht mehr schwül.

Urlaub mit Kathrin:

Kathrin hat uns in Ihren Semesterferien wieder besucht.

Vom 9. - 22.9.2011 haben wir eine gemeinsame Reise gemacht. Von Shenyang flogen wir nach Beijing, wo wir ein paar Tage blieben. Danach ging der Flug nach Xian zu den berühmten Terrakotta Kriegern und von dort nach Xining. Xining liegt etwa auf halber Strecke zwischen Beijing und Lhasa, sodaß wir in Xining in den Zug nach Tibet eingestiegen sind (oder zumindest hatten wir das so vor...).

Beijing
Wie schon angekuendigt, sind wir also am 9. September nach Beijing geflogen. Wir sind auch puenktlich angekommen und bei starkem Verkehr ins Hotel gefahren. Wie beim letzten Mal, sind wir wieder im "The Emperor" abgestiegen. Obwohl wir zwei Zimmer gebucht hatten, war nur eines fuer uns frei. Mit dem Hinweis, wir seien doch eine Familie, meinten sie, das wurde doch reichen. Ich habe dann auf Lao Ban (grosser Chef) gemacht und nach einem Spaziergang im Jingshan Park noerdlich der verbotenen Stadt, hatten wir dann auch unser zweites Zimmer.
Der zweite Tag in Beijing brachte uns Kaelte und Regen, sodass das ein Einkaufstag wurde. Kathrin hat u. a. Seide fuer Dirndlkleider fuer ihre Freundinnen gekauft.
Wie sich das gehoert, hatten wir am naechsten Tag aber schon wieder strahlenden Sonnenschein, sodass wir den Tag auf der grossen chin. Mauer in Mutianyu - etwa 60 km noerdlich von Beijing - verbracht und dann auch noch die Ming Graeber besucht haben. Die Ming Graeber sind sicher schoen, warum sie aber mit AAAAA ausgezeichnet sind und unsere Kaisergraeber in Shenyang nur mit AAAA ist mir ein Raetsel (vermutlich der Hauptstadtbonus). Die Mauer ist aber natuerlich immer wieder ueberwaeltigend. In einer wunderschoenen Berglandschaft windet sie sich in Mutianyu ueber die Grate der Berge und man fragt sich, wie die das damals geschafft haben. Wenn auch Mutianyu nicht so ueberlaufen ist, wie das von Beijing aus schneller erreichbare Badaling, so ist es doch ganz schoen touristisch. Ein Stand mit touristischen Mitbringseln reiht sich an den anderen. Richtig toll sind die Staende mit einer Vielzahl an verschiedenen getrockneten Fruechten und Nuessen, an denen wir uns natuerlich eingedeckt haben. Das war dann die richtige Basis fuer den abendlichen Bummel durch die Strassen Beijings mit den verschiedenen Leckereien (Skorpion, Schlange, Kaefer,...). Iris hat sich an Kaefer und Kathrin und ich an Schlange herangetraut. Schlange: Kein Kommentar! Kaefer: Iris fand's gut.
Bevor wir nach Xian weiter geflogen sind, haben wir den letzten Tag in Beijing noch in der verbotenen Stadt, dem groessten Palast der Erde verbracht, sowie den Abend bei einer Show chinesischer Akrobatik hoechster Praezision. Bei den Kostuemen der Maedels gibt es leider noch ganz erheblichen Verbesserungsbedarf!



Xian
Xian hat uns am 13. September leider mit starkem Regen empfangen. Xian ist die Hauptstadt der Provinz Shaanxi und hat etwa 6 Mio. Einwohner. In der Tang Dynastie (618 - 907) war sie mit ueber einer Million Einwohnern groesste Stadt der Erde. Bekannt und beruehmt ist sie aber dafuer, dass sie die Wiege der chin. Kultur ist. Hier hat der erste chin. Kaiser Qin Shi Huangdi das Reich vereinigt, hier ist der Ausgangspunkt der Seidenstrasse und hier war die Hauptstadt vieler kaiserlicher Dynastien lange vor Nanjing oder Beijing. Neben Anderem lohnen v. A. der Besuch der grossen Wildganspagode, sowie der laengsten erhaltenen Stadtmauer der Welt (13 km) und natuerlich das weltberuehmte Grab des Kaisers Qin Shi Huangdi mit seinen Terrakottakriegern (210 v. Chr.).
Die Terrakottaarmee (sie wurde uebrigens erst 1974 durch einen Bauern entdeckt), welche sich auf drei Gruben verteilt, besteht aus 7.278 lebensgroßen Soldaten (Fuß- und Reitsoldaten), denen Pferde und Kriegswagen und echte Waffen (Schwerter, Pfeilspitzen, Armbrüste) beigegeben sind. Es handelt sich um die Darstellung einer vollständigen Armee der damaligen Zeit. Einfach ueberwaeltigend und ueberhaupt nicht vergleichbar mit der Ausstellung einiger Figuren, die vor einigen Jahren in Deutschland stattfand.

Xining
Xining in der Provinz Qinghai liegt etwa auf halber Strecke zw. Beijing und Lhasa. Xining liegt auf 2200m Hoehe und hier entspringen der Yangtze, der Huang He (Gelber Fluss) und der Mekong. Und nur 30km von hier wurde der Dalai Lama geboren. Aufgrund der schlechten Strassenverhaeltnisse haetten wir aber ein gelaendigaengiges Fahrzeug gebraucht und konnten das Haus leider nicht besuchen. Im Grunde sollte Xining fuer uns auch nur der notwendige Zwischenstopp sein, um den Zug nach Lhasa zu besteigen.
Da wir aber schon am fruehen Morgen mit dem Flugzeug aus Xian ankamen und der Zug erst am Abend abfahren sollte, hatten wir Gelegenheit, das Kloster Kumbum zu besichtigen. Eine riesige Tempelanlage mit 400000m² und 4500 Hallen. Und alles in tibetanischem Stil - wirklich ausgesprochen schoen (und endlich mal ein anderer Baustil).
Auf dem Weg zum Bahnhof eroeffnete uns unser Guide dann, dass wir die gebuchten Tickets (Softsleeper) nicht bekaemen, sondern nur Hardsleeper (6er Abteil, kleinere Betten, kein Sauerstoffanschluss,...). Wir hatten fuer uns natuerlich ein 4er Abteil bestellt und auch schon bezahlt! Alles reklamieren und telefonieren half aber nichts, denn unsere Karten hatten sich einfach chin. Offiziere genommen - was fuer ein Land. Da auch am naechsten Tag trotz vieler Versprechungen keine Zugtickets zu bekommen waren (ueber 100 Touristen warteten in Xining auf die Zugtickets), haben wir dann umgebucht und sind einen Tag spaeter nach Lhasa geflogen. Das ist echt aergerlich, denn die 2000km-Zugfahrt (hoechster Pass 5068m) waere natuerlich das Sahnestueck der Reise gewesen. Aber wir haben das Beste daraus gemacht und haben ausserhalb der Stadt das erste Kloster des tibetanischen Buddhismus besucht. Klein und umscheinbar haengt es an einer senkrechten Felswand und doch ist es fuer die tibetischen Buddhisten eines der hoechsten Heiligtuemer. Nach der Gruendung des Buddhismus in Tibet hatte ein Koenig dort den Buddhismus fuer 50 Jahre verboten. Ein tibetanischer Moench hat den Buddhusmus dann nach 50 Jahren mit seinen Schriften von diesem kleinen Kloster aus wieder nach Tibet gebracht.

Tibet
Nach dieser ungeplanten Exkursion in Xining sind wir endlich wohlbehalten in Lhasa, der Haptstadt Tibets angekommen. Amerikanische Touristen meinten uebrigens, wir haetten im Zug nicht viel versaeumt, denn die Zustaende seien katastrophal gewesen (ueberlaufende Klos,...). Lhasa ist der Platz der Götter und liegt am Kyi-chu (Glücksfluss), 3700 m über dem Meeresspiegel. Mit 305 Tagen Sonnenschein pro Jahr erhielt Lhasa den Namen „Stadt im Sonnenschein“. Dort besichtigten wir am Nachmittag auch gleich den weltberuehmten Potala Palast. Der Palast erstreckt sich in Ost-West Richtung auf ca. 350 Metern und in Nord-Süd Richtung auf weiteren 300 Metern. In der Anlage verteilen sich auf 13 Stockwerken 999 Räume. Wir waren absolut ueberwaeltigt von der Groesse des Palastes und der Schoenheit der Raeume. Die vielen Gebetsfahnen, der unvorstellbar blaue Himmel und die Sonne ergeben ein traumhaftes Licht. Leider darf man im Inneren aber nicht fotografieren, sodass wir die Bilder eben im Gedaechtnis anspeichern muessen. Genauso ueberwaeltigt waren wir aber auch von den 13 Stockwerken, die wir in der duennen Luft prustend und schnaufend und mit hohem Herzschlag zu ersteigen hatten.
Unser zweiter Tag in Tibet brachte uns in die bedeutendste Klosterstätte Tibets, das Drepung-Kloster. Einst war es das größte und mächtigste seiner Art und eine politische Hochburg der Gelupka-Schule mit 10000 Moenchen, der Buddhistensekte der gelben Muetzen. Hier befinden sich Grabstupas von drei Dalai Lamas. Nachmittags besuchten wir das Jokhang-Kloster im Herzen Lhasas, das aelteste und hoechste Heiligtum des Landes. Auch sehr interessant war der Bummel im Barkhor (Mittlerer Pilgerpfad), dem ältesten Stadtteil, dessen von Straßen durchflochtenes Viereck mit unzaehligen Haendlern das Jokhang-Kloster umgibt.

Aufgrund der zuvor ja schon beschriebenen Odyssee nach Lhasa, mussten wir den naechsten Teil der Reise etwas komprimieren. Am dritten und vierten Tag in Tibet fuehrte uns die Fahrt von Lhasa entlang des Brahmaputtra nach Shigatse und dann weiter nach Gyantse und vorbei am Yamdrok See zurueck nach Lhasa. Die Verpflegung ist in den einfachen Restaurants entlang der Strecke "rustikal" aber nicht schlecht, haeufig mit Yak-Fleisch, Kartoffeln und Reis. Gewoehnungsbeduerftig ist der tibetanische Tee mit Yak-Butter. Und ueber die sanitaeren Einrichtungen erspare ich Euch Details.

In Shigatse (3800m) besichtigten wir das Kloster Tashilhumpo, welches auch der Sitz des Panchen Lama ist. Der Panchen Lama wird als der „wiedergeborene Buddha der endlosen Aufklärung“ angesehen. Das Kloster wurde 1447 n. Chr. unter dem ersten Dalai Lama gebaut.

In Gyantse (3900m) fuehrte uns der Weg ins Kloster Pelkor Chode, ein 18 Sakral- und Wohngebäude umfassendes Bauwerk. Hierbei sind die zwei eindrucksvollsten der Tsuglaghang und der große Kumbum Tschoerten. In deren Stupas findet sich ein so genanntes „Bilderhaus“ mit hunderttausend Bildern und Buddhas des lamaistischen Pantheons. Und von dort hat man einen tollen Ausblick auf die wunderschoene Berglandschaft.

Der türkisblaue, sich in vielen Farbschattierungen absetzende Yamdrok See (4200m) ist eines der heiligen Gewässer Tibets, das wir auf dem Rueckweg nach Lhasa sehen durften. Ueberhaupt hatte es diese Rueckfahrt in sich, denn sie fuehrte uns ueber 3 Paesse auf bis zu 5000m Hoehe vorbei an einer majestaetischen Bergwelt der 7000er und heran an den Ninjin Kamsang mit seinen 7200m.

Wieder zurueck in Lhasa besuchten wir am letzten Tag unseres Tibeturlaubs noch den Sommerpalast des Dalai Lama, sowie das etwas außerhalb von Lhasa gelegene Kloster Sera. Dieses ehemalige Staatskloster bildete, wie andere Klöster auch, eine von mehreren tausend Mönchen bevölkerte Klosterstadt.

Selbstverstaendlich haben wir wieder Fotos dieser Reise in der Mediathek eingestellt.

Allgemeines:
Wir haben wunderschoene Landschaften und eindrucksvolle Sehenswuerdigkeiten gesehen und freundliche Menschen getroffen. Trotz der vielen Erklaerungen haben wir den Buddhismus nicht verstanden - und von Kloestern haben wir erst mal genug. Die grosse Hoehe ist fuer uns auch nach einigen Tagen noch anstrengend. Sie fuehrt zu Kopfschmerzen und schlechtem Schlaf.
Wir haben die Reise uebrigens ueber ein staatl. chin. Reisebuero im Internet gebucht (China-Tibetreisen), das uns durch eine Kollegin empfohlen wurde. Ohne Reisebuero geht es zumindest in Tibet nicht, denn das duerfen wir alleine nicht bereisen. Huang Bin, der alles organisierte und uns in Xian gefuehrt hat, spricht hervorragend deutsch, sodass auch die gesamte Kommunikation ueber das Internet problemlos in deutsch moeglich war. Er hat in China Germanistik studiert - nicht weil er das wollte, sondern weil er von der Universitaet dazu eingeteilt wurde. Tja, so laeuft das hier.